
Ist eine homöopathische Haus-und Notfallapotheke sinnvoll?
Das Internet ist voll davon , Bücher dazu gibt es jede Menge – egal ob für Mensch oder Tier: Empfehlungen, welches homöopathische Mittel gegen welches Leiden Hilfe verspricht. Und jetzt komme ich auch noch damit damit um die Ecke…..
Nein, nicht so ganz – auf jeden Fall nicht so, wie die meisten Empfehlungen ablaufen, denn davon bin ich ganz und gar nicht begeistert.
Die Kügelchen, so heißt es, haben ja keine Nebenwirkungen, sie wirken sanft und falsch machen kann man damit auch nichts. Notfalls wirken sie gar nicht und schaden können sie erst recht nicht.
Das stimmt so nicht ganz.
Falsch angewandt können diese Mittel sehr wohl unerwünschte Wirkungen haben, denn...
Meist werden zur Selbstbehandlung Tiefpotenzen in D 6 empfohlen, da sie in der Regel nur auf das erkrankte Organ oder eine bestimmte Beschwerde wirken. Auch sollten diese Mittel nur im akuten Fall und auch nur über kurze Zeit eingenommen werden und nicht über eine Besserung hinaus.
Aber Hand auf’s Herz. Jeder von uns ist durch die schulmediznischen Verordnungen geprägt: Wenn’s nicht hilft, Dosis erhöhen, vorbeugend einnehmen und sicherheitshalber noch ein bisschen länger, auch wenn’s uns wieder besser geht.
Dann kommt noch dazu, dass Du ein Mittel zu Hause hast oder in der Apotheke erstanden, dass zwar hervorragend gegen Deinen Husten hilft, aber Deine Rotznase davon völlig unbeeindruckt bleibt. Also was tust Du? Das gleiche, was Du auch mit allen anderen Arzneien machen würde: Ein Mittel gegen Husten, ein Mittel gegen Schnupfen und noch eins gegen Kopfweh – ach ja und Fieber hast Du ja auch noch… So. Da hast Du dann vier Mittel – beispielsweise Bryonia gegen den Husten, Allium cepa gegen den Schnupfen, Belladonna gegen Kopfschmerzen und Aconitum gegen Fieber.
Für diesen Fall hat die Pharmaindustrie ein wunderbares Angebot: Komplexmittel. Das sind Mittelkombinationen in unterschiedlichen Potenzstufen – meist um die D6 – die dann möglichst alle diese unangenehmen Begleiterscheinungen einer Erkältung oder eines grippalen Infekts abdecken sollen. Aber das ist wieder ein anderes Thema…. Ich schweife ab….
...Husten ist nicht gleich Husten...

Aus homöopathischer Sicht ist ein Husten nicht gleich ein Husten und Dein Husten ist nicht zu vergleichen mit meinem Husten oder mit dem Deines Arbeitskollegen oder Nachbarn. In meinem Symptomenverzeichnis (Repertorium) finde ich zum Thema Husten im Allgemeinen 213 verschiedene Mittel, zu Fieber 292, zu Schnupfen sind es 433 und zu Kopfschmerzen 733. Die ganzen Besonderheiten wie Ursache, Begleiterscheinungen, Tageszeit, besser oder schlechter bei…. etc. gar nicht berücksichtigt.
Und da soll jetzt ausgerechnet Bryonia alba – ein Mittel von mindestens 213 zu Deinem ganz persönlichen Husten passen und auch noch helfen? Es kann sein, dass Du Glück hast und ausgerechnet dieses Mittel den Nagel auf den Kopf trifft, es kann aber auch sein – was wahrscheinlicher ist – dass es ist nicht passt. Und was tust Du gewohnheitsgemäß, wenn etwas nicht die gewünschte Wirkung zeigt? Du erhöhst erst einmal die Dosis – weil XY hat gesagt, " das Mittel hilft gegen Husten". Gewirkt hat das Mittel zwar immer noch nicht, aber dafür hast Du jetzt Nasenbluten vom Feinsten.
Wieso denn jetzt auf einmal Nasenbluten? Weil Nasenbluten ein Symptom ist, gegen das Bryonia alba, wenn es das passende Mittel ist, hilft.
Du hast jetzt Nasenbluten, weil du Dosis erhöht hast, weil das Mittel überhaupt nicht zu Deinem Husten passt und Du es außerdem schon viel zu lange nimmst. Das Mittel offenbart nun seine „Nebenwirkungen“ . Die Nebenwirkung bei einem homöopathischen Mittel nennt sich Arzneimittelprüfung. Du bekommst jetzt praktisch die Symptome gegen die das Mittel normalerweise wirken soll.

Eine Hausapotheke kann sinnvoll sein, wenn Du eine Hauptbeschwerde hast, die Du klar eingrenzen kannst. Zum Beispiel hat Dich eine Biene gestochen. Die Stichstelle schwillt an, es brennt, die Stelle wird rot und heiß – das kennt jeder von einem Bienenstich - und da hilft Dir zuverlässig Apis. Aber so klar und eindeutig ist das selten der Fall.

Hypericum ist bekannt, wenn es um Nervenschmerzen geht – wenn man sich zum Beispiel mit dem Hammer auf den Daumen gehauen oder sich den Finger in der Tür eingeklemmt hat. Es wird auch häufig bei Tierbissen empfohlen. Will man sich für Hypericum entscheiden, dann sollte die Verletzung auch typisch für dieses Mittel sein – doch kannst Du da so schnell entscheiden? Weißt Du wie eine typische Hypericum-Verletzung aussieht?
Oder Du hast Dich heftig gestoßen, Dein Schienbein wird blau – da greifst Du zu Arnica, auch bei einem blauen Auge kennt man es. Arnica wird auch gerne empfohlen, wenn man einen Zahn gezogen bekommt. Aber Vorsicht: Arnica beeinflusst die Kapillardurchlässigkeit, was zu einer besseren Geweberegeneration führt – diese Durchlässigkeit der Kapillaren ist aber auch der Grund, warum Arnica nicht vorbeugend VOR Operationen – wie allgemein empfohlen – verwendet werden soll, weil es hier zu kaum stillbaren Blutungen kommen kann. Vorsicht auch, wenn man blutverdünnende Arzneimittel einnimmt. Auch muss bei Arnica in tiefen Potenzen wie der D6 mit allergischen Reaktionen gegen die Pflanze selbst oder Korbblütler im Allgemeinen gerechnet werden.
Calendula wird sehr gerne als Urtinktur zur Wundreinigung genommen – das ist absolut in Ordnung und nicht weiter problematisch. Aber in homöopathisch aufbereiteter Form kann Calendula eine laufende homöopathische chronische Behandlung stören.
Was für Arnica gilt, gilt für alle Substanzen egal ob aus dem Pflanzen-, Tier-, oder Mineralreich. Es gilt vor allem für Mittel, deren Ursubstanzen giftig sind.
Es sind immer unerwünschte Reaktionen möglich – manchmal auch, obwohl man sich an die Dosierung und Länge der Einnahme gehalten hat.
Du siehst, ganz so einfach ist das mit der homöopathischen Hausapotheke nicht. Es gehört schon etwas Wissen und Erfahrung dazu, diese Mittel richtig und sinnvoll anzuwenden.
Noch schwerer ist es, wenn man das Prinzip der Homöopathie nicht kennt und versucht diese Mittel schulmedizinisch anzuwenden. Weder lässt sich mit homöopathischen Mittel vorbeugend gegen eine drohende Erkrankung etwas tun noch nutzt es, sie in immer höheren Dosen immer öfter zu wiederholen.
...entscheidend ist die Wahl des richtigen Mittels.

Bei Deinem Tier ist die Wahl des richtigen Mittels noch um einiges schwieriger, weil es Dir nicht sagen kann, wie es ihm gerade geht, was es fühlt, wie es sich fühlt. Du kannst nicht pauschal Deinem Hund Nux vomica geben, wenn er Durchfall hat oder erbricht. Die Ursache ist ebenso maßgeblich wie, wie das Erbrochene aussieht und wie sich der Durchfall äußert. Du gibst ihm Nux vomica, weil Du irgendwo gelesen hast, dass es bei Durchfall hilft und wunderst Dich, dass es nicht wirkt…. Vielleicht hat Dein Hund sich im Feld den Wanst mit jeder Menge saurer Äpfel vollgeschlagen oder aus einer stinkigen Pfütze geschlabbert und jetzt ist ihm übel und es kommt vorne und hinten raus. Dann wäre es beispielsweise Arsenicum album.
Die Hausapotheke ersetzt nicht den Gang zu einem fachkundigen Therapeuten oder Tierarzt
Die Hausapotheke ist mehr für leichte, akute Beschwerden gedacht – wie beispielsweise Erbrechen oder Durchfall, vielleicht auch ein kleiner Husten oder so. Die Notfallapotheke ist vorgesehen für kleinere Verletzungen, Prellungen, für einen Schreck oder Deinem Tier rasch erste Hilfe zu leisten, bis in die Hände eines Tierarztes kommt. Keinesfalls ersetzt die Haus- oder Notfallapotheke einen Tierarzt oder einen erfahrenen klassischen Tierhomöopathen. Vor allem bei chronischen Erkrankungen oder Beschwerden, die immer wieder auftreten ist der Gang zum Therapeuten obligatorisch. Auf keinen Fall selbst herum therapieren, das kann schlimme Folgen haben.
Dr. Google weiß viel aber nicht immer das Richtige.

Wenn Du Dir eine kleine homöopathische Haus/Notfallapotheke zulegen möchtest, dann empfehle ich Dir, etwas Zeit und Geld zu investieren und einen Lehrgang für Laien zur Selbstbehandlung bei einer guten Heilpraktikerschule zu belegen. Das kann man auch online tun. Es gibt auch einige klassische Tierhomöopathen, die Tages- oder Wochenendseminare dazu anbieten. Sie erklären dir das Prinzip und die Wirkungsweise der Homöopathie, die Wirkung der Mittel, was Du beachten musst, um keine unerwünschten Wirkungen zu erleiden und auch, wann es Zeit ist, sich besser an einen Profi zu wenden.

Solltest Du nicht auf ein Seminar warten wollen, findest vielleicht nicht die Zeit, Dich ein paar Stunden an den PC zu setzen, bist Dir unsicher, ob Du es dann richtig einsetzt oder möchtest lieber Deine individuelle homöopathische Haus/Notfallapotheke passend zu Deinem Tier, dann sprich mich gerne an. Ich stelle Dir Deine persönliche Hausapotheke zusammen und erkläre Dir genau, wie Du sie anwenden musst, damit nichts schief geht. Selbstverständlich kannst Du mich im Zweifelsfall immer kontaktieren. Anfragen direkt über info@tiergesundhalter.de oder das Kontaktformular
Noch ein Wort zu Komplexmitteln

Abschließend noch ein Wort zu den Komplexmitteln, die ich oben schon erwähnte:
Komplexmittel werden gerne als „Weiterentwicklung des homöopathischen Heilverfahrens von Hahnemann“ angepriesen. Es sei eine Mischung aus „harmonisch“ aufeinander abgestimmter Einzelmittel meist in niedrigen Potenzen wie D6, aber auch C12 und C30 sind teilweise darin zu finden. Diese Mischungen zielen meist auf einen Beschwerdekomplex ab wie beispielsweise Erkältung, Magen- oder Leberleiden, Schmerzen, Entzündungsgeschehen etc.
In manchen dieser Komplexmittel finden sich bis zu 8 verschiedene Einzelmittel. Schaut man sich als klassischer Homöopath diese Mittel genauer an und analysiert sie nach Symptomen, stellt man fest, dass einige sich gegenseitig stören, sich sogar feindlich gegenüberstehen – also unerwünschte Wirkungen verstärken – oder sich gegenseitig ihre Wirkung nehmen. Warum manche Mittel in D6, andere in C30 oder in C12 enthalten sind, hat sich mir bisher nicht erschlossen.
Ich habe ganz zu Beginn meiner Ausbildung am eigenen Leibe Erfahrungen mit Komplexmitteln machen dürfen. Ich bekam von einem Heilpraktiker wegen eines Leidens 8 verschiedene Komplexmittel, die jeweils 8 verschiedene Substanzen enthielten in unterschiedlichen Potenzen – das waren 64 verschiedene Mittel zur gleichen Zeit. Holla die Waldfee….. mein Organismus wusste überhaupt nicht mehr ob hüh oder hott, oben oder unten. Die Folgen waren heftige Arzneimittelprüfungen und die dann aufgesuchte klassische Homöopathin hatte ihre Mühe diesen Cocktail wieder zu „neutralisieren“. Manchmal gelingt das nur schwer bis – hat man Pech – gar nicht mehr.
Komplexmittel ist so ein bisschen wie Schießen mit einer Schrotflinte – die Streuung ist so breit, irgendwas wird man damit schon treffen. Vor allem, wenn so ein Mittel tatsächlich helfen sollte, weiß man nicht welches der vielen Einzelsubstanzen es war und oftmals ist diese positive Wirkung nur von kurzer Freude, weil es die Krankheit unterdrückt und nicht heilt. Ein guter klassischer Homöopath wird niemals Komplexmittel anwenden – auch kein Tierhomöopath.
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